Ein Menschheitstraum

Text: Dr. Matthias Hirsch + Eberhard Weilke

Bild: US Army Aviation and Missile Command + NASA

 

Im November und Dezember 2007 begingen wir denkwürdige Jubiläen, die uns respektvoll in eine Zeit zurückblicken lassen, in der die Menschheit träumte, jedes Ziel erreichen zu können. Einer der größten Träume war es, dass der Mensch den Mond betreten könne und einer derjenigen, die diesen Traum am heißesten träumten, war mit Sicherheit Wernher von Braun. Der Abkömmling preußischen Adels experimentierte schon als Jugendlicher im Berliner Tiergarten mit Feuerwerksraketen und kam im Jahre 1930 im Rahmen einer „Luftfahrtwoche“ im jüdischen Kaufhaus Wertheim in Kontakt mit dem „Verein für Raumschifffahrt“, einem Sammelbecken für viele Raketenpioniere in der Vorkriegszeit.

Auf der Suche nach Geldgebern und geeignetem Testgelände ergaben sich durch den Verein schnell Kontakte zur Reichswehr bzw. späteren Wehrmacht, so dass von Braun nach Abschluss des Studiums an der ETH Zürich und TH Berlin mit einem Diplom als „Ingenieur für Mechanik“ in der Tasche eine Stelle als Zivilangestellter beim Heereswaffenamt im Raketenprogramm antreten konnte. Im Jahre 1934 erreichte das von ihm konzipierte „Aggregat 2“ über der Insel Borkum eine Flughöhe von 2200 Metern und mit der Arbeit „Konstruktive, theoretische und experimentelle Beiträge zu dem Problem der Flüssigkeitsrakete“ promovierte er an der Friedrich-Wilhelm-Universität in Berlin zum Dr. phil..

 

Seine weitere Karriere war in der damaligen Zeit vorhersehbar: Im Jahre 1937 folgte der Eintritt in die NSDAP sowie die Ernennung zum Technischen Direktors der Heeresversuchsanstalt Peenemünde. Hier entwickelte er die Rakete „Aggregat 4“, die unter ihrem neuen Namen „Vergeltungswaffe 2“ nicht nur eine Gipfelhöhe von 200 km erreichte, sondern mit bis zu siebenfacher Schallgeschwindigkeit Angst und Schrecken nach London und Antwerpen brachte.

 

Schwer vorstellbar, dass der Sturmbannführer der SS keine Kenntnisse hatte von den Arbeitsbedingungen im Konzentrationslager Dora-Mittelbau, wo in der größten unterirdischen Waffenfabrik des zweiten Weltkriegs ca. 3000 der V2-Raketen von 60.000 Häftlingen gefertigt wurden. Schwer vorstellbar, dass er keine Kenntnisse hatte von den durch die SS dokumentieren 12.000 Häftlingen (andere gehen von etwa 20.000 Toten aus), die in Folge der Misshandlung ums Leben kamen und deren Massenmord dafür sorgte, dass die V2 wohl die einzige Waffe der Geschichte war, deren Herstellung mehr Menschen mit dem Leben bezahlten, als deren Einsatz. Mit geschätzten 8000 Opfern in England und Belgien, hauptsächlich in der Zivilbevölkerung, war der militärische Erfolg mehr als fragwürdig und beschränkt sich auf eine reine Wirkung als Terrorwaffe.

 

 

Für die weitere Karriere Wernher von Brauns hatte dieser Zeitabschnitt nur geringe negative Konsequenzen. Er setzte sich gegen Kriegsende nach Süden ab, um nicht in russische Gefangenschaft zu geraten und stellte sich im Mai 1945 im Oberallgäu den Amerikanern, die ihn dann zusammen mit hunderten anderer Wissenschaftler im Geheimprojekt „Operation Overcast“ nach Fort Bliss in New Mexiko brachte, wo er als einer der „Paperclip Boys“ mitarbeitete, anhand der ebenfalls erbeuteten V2-Raketen die Grundlagen der amerikanischen Raketenforschung zu legen.

 

Es folgte ab 1949 eine Zeit bei der „US Army Ordnance Missile Command“ im Redstone Arsenal in Alabama, wo er unter anderem die Redstone, Jupiter und Pershing-Raketen mitentwickelte. Die Amerikanern dankten ihm dies 14. April 1955 mit der Einbürgerung und 1959 mit der Einstellung bei der 1958 gegründeten NASA, deren stellvertretender Direktor er von 1970 bis 1972 wurde.

 

Wie schon im Dritten Reich, hatte von Braun einen Partner gefunden, der seine Vision von der bemannten Raumfahrt mit praktisch unbegrenzten finanziellen Mitteln, Platz und Forschungseinrichtungen unterstützte. Und auch hier waren militärische Interessen nicht nur latent im Hintergrund vorhanden, nur war dieses Mal der Feind nicht im Westen, in England, sondern tief im Osten. Und da die Sowjetunion während des kalten Kriegs auch erhebliche Anstrengungen unternahm, mit Interkontinentalraketen den Gegner unmittelbar zu bedrohen, waren auch die letzten Zweifel ausgeräumt.

 

Hinzu kam, dass von Braun durch Bücher und öffentliche Auftritte eine hohe Popularität bei der amerikanischen Bevölkerung erreichte, zusammen mit Walt Disney trat er in mehreren Fernsehproduktionen auf, erschien auf dem Cover der Time und konnte so für sein Raumprogramm werben.

 

Im wirtschaftlichen Boom und der generellen Aufschwungsstimmung der Nachkriegszeit fiel dies natürlich auf sehr fruchtbaren Boden, so dass die Kritik an der Raumfahrt sich in engen Grenzen hielt.

 

Kennedy, von Braun, die NASA, das stand für ein neues, erstarktes Amerika, dem alles gelingen mag. Sicher, am anderen Ende der Welt, in Indochina, entwickelte sich ein Konflikt, der das Land eine Dekade später in ein nationales Trauma stürzen würde, auf einem sonnigen Army-Stützpunkt in Alabama in den 60er Jahren war diese Krise jedoch noch nicht zu erahnen.

 

Das „Manhigh“-Projekt wurde noch von der Air Force durchgeführt und hatte einen rein militärischen Hintergrund. Der Offizier Joseph Kittinger ließ sich in 31.332 Meter Höhe mit einem Fallschirm aus einem Heliumballon fallen und erreichte beinahe Schallgeschwindigkeit. Er und der Arzt David Simons gelten als die ersten Menschen an der Grenze zum Weltraum. Beim nachfolgenden Mercury-Programm und dem folgenden Gemini-Programm, zu anfangs noch unter der Regie der US Army, trat immer mehr das Ziel in den Vordergrund, Menschen in den Weltraum und letztendlich zum Mond zu bringen. Ursache waren die Erfolge der russischen Raumfahrt: Sputnik 1 löste als erster künstlicher Satellit in einer Erdumlaufbahn mit seinem piependen Funksignal den „Sputnik-Schock“ aus, die Hündin Laika reiste am 3. November 1957 an Bord von Sputnik 2 in den Weltraum und zeigte, dass Säugetiere im Weltraum überleben können. Die zwei Schäferhunde Strelka und Belka kamen mit Sputnik 5 sogar wohlbehalten wieder zurück auf die Erde, Juri Gagarin umrundete am 12. April 1961 im Orbit unseren Planeten, da sollte doch zumindest ein Amerikaner als erster den Fuß auf den Mond setzen. Und so brachte President Kennedy eineinhalb Monate später das Apollo-Programm auf den Weg: „I believe that this nation should commit itself to achieving the goal, before this decade is out, of landing a man on the moon and returning him safely to the earth.”

 

9. November 1967: Der mächtigste Feuerstrahl

Es ist die Saturn V-Rakete, die für alle Zeiten mit dem Erfolg des Apollo-Programms in Verbindung gebracht werden wird. Die „Mondrakete“ ist bis zum heutigen Tage die stärkste Rakete der Welt, sogar die stärkste von Menschen gebaute Maschine überhaupt. Als Weltwunder der Moderne muss sie sich nicht vor der Antike verstecken: Sie entwickelte einen maximalen Schub von 4100 Tonnen, was umgerechnet etwa 200 Millionen PS entspricht. Um sich diese unvorstellbare Zahl einmal vorstellbar zu machen: Diese Leistung würde ausreichen, um alle jemals gebauten VW Käfer gleichzeitig mit ca. 80 km/h fahren zu lassen.

 

Am 9. November 1967 startete mit der Apollo 4 Kapsel in der Spitze die erste Saturn V. Der Kraftstoffverbrauch war enorm: Die erste Stufe verbrannte pro Sekunde 13 Tonnen Kerosin, in 2,5 Minuten Brenndauer werden die fünf F1-Raktenmotoren 2200 Tonnen (und damit ein Großteil des Startgewichts von fast 3000 Tonnen) verbraucht haben. Kerosin als Kraftstoff hatte den Vorteil, dass sich der Schub nur verhältnismäßig langsam aufbaute, die „sanften Riesen“ sorgen dafür, dass die Nutzlast nicht beschädigt wird.

Fünf Sekunden nach Zündung wurde geprüft, ob alle fünf Motoren mindestens 75% des Maximalschubs erreicht haben, so dass die Starthalterung gelöst werden konnte. In der ersten Sekunde in Freiheit gewann die Rakete nur 0,9 Meter an Höhe, in der dritten Sekunde mit Eintreten des Maximalschubs waren es schon 8,3 Meter. Nach zehn Sekunden passierte das Heck der Saturn V die Spitze des 110 Meter hohen Startturms. Jetzt gewann die Rakete schnell an Höhe und Geschwindigkeit.

 

Nach 63 Sekunden war sie in 12 km Höhe auf Schallgeschwindigkeit, waren 73 Sekunden erreicht, kam die stärkste Belastungsprobe für die Saturn V: Immer noch in dichteren Luftschichten unter 20 km Höhe und mit Überschallgeschwindigkeit unterwegs, war der Luftwiderstand in dieser Phase maximal. Danach nahm trotz zunehmender Geschwindigkeit der Luftwiderstand wieder ab, weil die Rakete die dichten Luftschichten jetzt unter sich gelassen hatte. Beim Brennschluss der 1. Stufe in 60 km Höhewaren nun Mach 8 bzw. fast 10.000 km/h erreicht. Die zweite und dritte Stufe verwendeten flüssigen Wasserstoff als Treibstoff sowie flüssigen Sauerstoff (LOX), der in allen Brennstufen zum Einsatz kam. Diese schiere Kraft war imstande, 120 Tonnen Nutzlast in eine Erdumlaufbahn zu befördern beziehungsweise eine Nutzlast von 45 Tonnen auf Fluchtgeschwindigkeit zu beschleunigen. Denn diese war notwendig, um sich von der Erde zu lösen.

 

 

24. Dezember 1968: Schöpfungsgeschichte aus dem Mond-Orbit

Nach der Testmission Apollo 6 im April des Jahres erfolgte am 21. Dezember 1968 der zweite Start einer Saturn V mit menschlicher Fracht. Wieder setzten sich fast 3000 Tonnen Masse in Bewegung, brachten die Seismometer an der 5000 km entfernten Westküste zum Ausschlagen und wieder gingen selbst in 20 km Entfernung Fensterscheiben zu Bruch. Mit Apollo 8 erreichten erstmals Menschen den Mond-Orbit und sahen die Rückseite des Monds. Diese Mission brachte einen ungemeinen Motivationsschub für das Apollo-Programm, nicht nur, weil sie zeigte, dass Kennedys Versprechen, vor Ende der Dekade den Mond zu betreten, greifbar nahe war, sondern auch, weil die Besatzung am Heiligabend einen der Situation angemessenen und sehr publikumswirksamen Auftritt hatte. Die Mannschaft aus Frank Borman, Jim Lovell und William Anders las während der TV-Liveübertragung aus dem Mond-Orbit die Schöpfungsgeschichte aus dem Buch Genesis, anschließend grüßte Commander Borman mit: „And from the crew of Apollo 8, we close with good night, good luck, a Merry Christmas, and God bless all of you - all of you on the good Earth.”

 

 

24. Juli 1969: Der Traum wird wahr

Apollo 8 brachte nicht nur bei der NASA und  bei der amerikanische Bevölkerung einen großen Motivationsschub, sondern auch sehr detailreiche Aufnahmen der Mondoberfläche für der Suche nach dem idealen Landeplatz für die Mondlandung. Nach zwei weiteren Testmissionen, Apollo 9 und Apollo 10, wurde es ernst: Neil Armstrong, Michael Collins und Edwin Aldrin begaben sich an Bord der Apollo 11 Raumfähre, um mit dem Lunarmodul Eagle die erste Mondlandung zu wagen.

 

Von einer halben Milliarde Menschen am Fernseher verfolgt, näherte sich am 20. Juli 1969 das Mondlandemodul Eagle dem Mare Tranquillitatis. Dem Piloten Edwin Aldrin gelingt eine saubere Landung und um 20:17:58 setzte der Kommandant Neil Armstrong den berühmten Funkspruch ab: „The eagle has landed“.

 

Fast sieben Stunden später öffnete sich die Luke und da war er, der kleine Schritt für den Menschen, der große Schritt für die Menschheit. Erst stand Neil Armstrong auf dem Mond, 20 Minuten später fotografierte er Aldrin, wie er vorsichtig durch die Luke steigt.

 

Trotz intensiven Trainings vorher auf der Erde ein aufregender Moment.

 

 

 

 

Die ersten Schritte auf der Mondoberfläche, fotografiert mit einer schwedischen Hasselblad-Mittelformatkamera mit Zeiss-Objektiv aus Deutschland.

 

Da war er, der Moment, auf den die ganze Nation sehnlichst gewartet hat: Die amerikanische Flagge weht auf dem Mond. Wobei "weht" vielleicht das falsche Wort ist, im luftleeren Raum kann nichts wehen. Sie hing mehr oder wenig still an ihrer Querstange.

 

Bei der ersten Mondmission beschränkte sich der Spaziergang auf einen relativ engen Aktionskreis rund um das Modul. Bei späteren Missionen sollte sich das ändern. Sie installierten ein Reihe von Forschungsgeräten, sammelten 21,6 kg Mondgestein und nach zweieinhalb Stunden endete der erste Besuch von Menschen auf dem Erdtrabant.

 

Dieses Bild sollte noch Stoff für wilde Verschwörungstheorien geben, da manch einer den harten Schlagschatten nicht in Einklang bringen konnte mit dem gut ausgeleuchteten Overall des Astronauten. Die Erklärung ist einfach: Das Modul war großflächig mit einer goldfarbenen Folie verkleidet, diese reflektierte das Sonnenlicht.

 

Das Abstiegsstufe mit dem Bremstriebwerk für die Landung. Es wird auf dem Mond stehen bleiben und als Startbasis für die Aufstiegsstufe dienen.

 

Gesteigerte Nervosität entstand, als beim Rückstart von der Oberfläche der Schalter zum Zünden des Haupttriebwerks brach, mit einem Schreibstift als Hilfsmittel konnte Armstrong das Problem lösen.

 

Zwölf Menschen konnten diesen Anblick live erleben, uns bleibt nur, das erhabene Gefühl beim Betrachten der Dias nachzuempfinden: Die Erde, vom Mond aus gesehen. Da Mond und Erde sich in einer gebundenen Rotation befinden, bleibt die Erde mehr oder weniger am selben Fleck auf dem Mondhimmel. Die Rückseite des Mondes war deshalb für den Menschen von der Erde aus nie zu sehen, erst der russischen Sonde Lunik3 gelangen 1959 die ersten Fotografien. Die ersten Menschen, welche die Mondrückseite sahen, waren William Anders, James Lovell und Frank Borman an Bord von Apollo 8.

 

Nach der Bergung der gewasserten Kapsel stiegen die Astronauten an Bord der USS Hornet sofort in eine eigens vom amerikanischen Wohnwagenhersteller Airstream produzierte Quarantäne-Einheit, in der zwei NASA-Techniker auf sie warteten. Vom Schiff abgeladen, wurde die Einheit dann in das Raumfahrtzentrum transportiert, wo weitere, etwas geräumige Quarantäne-Einrichtungen zur Verfügung standen. Erst nach 21 Tagen durften die Astronauten wieder unter die Menschen, dann war man sicher, dass sie vom Mond keine unbekannten Bakterien oder Viren mitgebracht hatten, die vielleicht zu einer Pandemie geführt hätten.

 

Ihrem Präsidenten, Richard Nixon, hätten die Astronauten wohl auch ohne das schützenden Glas und die Luftfilterung die Hand geschüttelt.

 

 

Mit einer klassischen "ticker tape parade" begrüßte New York die Helden aus dem Weltraum.

 

Es folgten weitere, teilweise recht aufregende Mondmissionen: So trafen beim Start von Apollo 12 während eines Gewitters zwei Blitze die Rakete, was zu einem Ausfall der meisten elektronischen Systeme führte, die zum Glück aber fast vollständig wiederhergestellt werden konnten. Eine Farb-TV-Kamera war mit an Bord, die jedoch beim Aufstellen auf der Mondoberfläche für wenige Sekunden gegen die Sonne gerichtet wurde und so sofort ausfiel. Auch gibt es Hinweise, dass die Reste der letzten Brennstufe der Saturn V-Rakete nicht im Weltraum verloren gingen, sondern in einen Sonnen-Orbit fielen und jetzt alle 31 Jahre kurz bei der Erde vorbei schaut, bis sie sich wieder auf den Weg zur Sonne macht. Der nächste Besuch wird etwa im Jahr 2032 erwartet.

 

 

Mit Apollo 13 kam es zum ersten Mondflug, der abgebrochen werden musste. Eine gewisse Lässigkeit und Fehler, die sich durch Routine einschlichen, führte zum Brand eines Thermostaten, der zur Explosion des Sauerstofftanks 2 und der Beschädigung des Sauerstofftanks 1 führte. Da so der Betrieb der Brennstoffzellen, mit den Energie und Wasser erzeugt wurden, natürlich nur noch für sehr kurze Zeit möglich war, erfolgte der Rückflug zur Erde, der allerdings erstmals den Rekord für die weiteste Strecke brachte, die je Menschen von der Erde entfernt waren. Tom Hanks setzte der Mannschaft und ihrer mit viel Improvisation durchsetzen Rettung ein filmisches Denkmal.

 

 

Apollo 14 war eine wissenschaftlich sehr erfolgreiche Mission, die mit dem ersten Golfspiel auf dem Mond durch Alan Shepard auch einen sportlichen Meilenstein setzte. Mit Apollo 15 gelang auch das erste Automobil auf den Mond sowie das Kunstwerk „Fallen Astronaut“ des belgischen Künstlers Paul Van Hoeydonck, das den 14 Astronauten gewidmet war, die bis dahin ihr Leben im Namen der bemannten Raumfahrt gelassen hatten. Eine Aluminiumplakette, die neben der kleinen Astronautenfigur positioniert wurde, führt die Namen der acht amerikanischen und sechs russischen Astronauten auf.

 

 

Aufsehen erregte diese Mission noch durch die so genannte Briefmarkenaffäre, bei der die drei Astronauten unerlaubt fast 400 frankierte Briefumschläge mit auf den Mond nahmen. Der deutsche Briefmarkenhändler Hermann Walter Sieger, uns auch bekannt als ein Sponsor auf dem AMG 300 SEL 6.8 Tourenwagen, der unter dem Namen „Rote Sau“ den Grundstein für die Rennsportgeschichte der kleinen Werkstatt aus Affalterbach legen sollte, bot diese dann öffentlich zum Kauf an. Die NASA zeigte sich ob der kommerziellen Eskapaden ihrer Astronauten sehr verschnupft und entband die drei Astronauten Scott, Worden und Irwin ihrer Aufgabe als Ersatzmannschaft für die geplante Apollo 17 Mission. Auch wurden die Regeln, in welcher Form und Menge persönliche Gegenstände auf den Mond mitgenommen werden dürfen, verschärft.

 

Nach einer wissenschaftlich wiederum sehr erfolgreichen, aber ansonsten störungs- und skandalfreien Apollo 16 Mission zeichnete sich der vorerst letzte Besuch von Menschen auf dem Mond ab.

 

 

14. Dezember 1972: Abschied vom Mond

Am 7. Dezember 1972 kam es zum schönsten Start der gesamten Apollo-Serie. Beim ersten und einzigen Nachtstart ging es im Ritt auf dem mächtigsten Feuerstrahl, der jemals von Menschenhand geschaffen wurde, in das Vakuum des Alls. Mit zunächst fast 40000 km/h ging es in Richtung Mond, zusammen mit der Eintrittsgeschwindigkeit bei der Rückkehr die höchste Geschwindigkeit, die jemals ein Mensch erreicht hatte.

 

 

Wie bei den beiden vorangegangenen Missionen war wieder ein „Lunar Roving Mobil“ mit an Bord, das den Astronauten bei der Monderkundung wertvolle Dienste leisten sollte. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern zeigte es sich ohne elektromechanische Gebrechen, nachdem das Fahrzeug von Apollo 15 Probleme mit der Vorderachse, von Apollo 16 Probleme mit der Hinterachse aufwies.

 

 

Diesmal funktionierte alles einwandfrei, so dass es mit einer Fahrstrecke von 35,9 km zum Kilometerkönig auf dem Mond avancierte. Interessant ist die Konstruktion der Reifen: Da luftgefüllte Gummipneus in einem ansonsten luftleeren Raum sich wahrscheinlich nicht ganz problemfrei verhalten hätten und außerdem auch viel zu schwer geworden wären, fuhr man auf Drahtkäfigen, auf die Titanschienen als Profil genietet waren. Zwei 0,18 kW-Elektromotoren mussten für den Vortrieb reichen, zwei 36 Volt-Batterien mit 121 Ah Kapazität sorgten für eine Reichweite von 92 km.

 

 

Transportiert wurde das LRV zusammengefaltet unter dem Lunarmodul, nach 20 Minuten Aufbauzeit war es funktionsbereit. Bei einem Leergewicht von 210 kg konnte es 490 kg zuladen, da auf dem Mond nur ein Sechstel der Gewichtskraft der Erde herrscht, war ein Überladen auszuschließen. Trotzdem soll das Fahrverhalten eher ruppig gewesen sein, was natürlich auch an der Mondoberfläche gelegen haben mag.

 

 

Eine Höchstgeschwindigkeit von 13 km/h dämpfte sowieso den astronautischen Übermut, dennoch verlief nicht alles unfallfrei: Jeder der drei Rover verlor Teile der Kotflügel! Da so der Staub direkt auf den Fahrer geworfen wurde (bei 1/6 der Schwerkraft fliegt das Zeug einfach höher...) wurde der Schaden zumindest bei Apollo 17 kurzerhand mit Klebeband und Aktendeckeln repariert.

 

Schon bei der Apollo 15-Mission hatten die Astronauten berichtet, dass sich kein Staub und Gestein in den Rädern sammelt und sich das Fahrzeug hervorragend fahren lässt. So war die Entwicklung und der Einsatz des Lunar Roving Vehicles ein voller Erfolg, der sich auch im erheblich effizienteren Einsatz der Besatzung wiederspiegelte. So gelang es bei Apollo 17 beispielsweise, mehr als 121 kg Gestein zu sammeln.

 

 

Am 14. Dezember 1972 kam es zum großartigsten und zugleich traurigsten Moment der Mission. Eugene Cernan und Dr. Harrison Schmitt verlassen als letzte Menschen die Mondoberfläche und steigen zurück in ihre Mondlandefähre. Nach den Startvorbereitungen hebt Cernan die rote Sicherungsklappe. Der Startknopf zum Triebwerksstart ist entsichert. Um mit dem Mutterschiff koppeln zu können, muss er ihn in der nächsten Minute drücken.

 

 

Die auf dem zurückgelassenen Mondauto platzierte TV-Kamera ist auf die Mondfähre gerichtet. Ed Fendell wird vom Mission Control Center von der Erde aus die Fernsteuerung der Kamera etwa zwei Sekunden vor dem Zünden des Haupttriebwerks bedienen und nach oben ziehen, um die Zeitverzögerung auszugleichen und es wird ihm gelingen, den Startvorgang präzise zu filmen (wofür er später von der deutschen Fernsehzeitschrift Hörzu mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet wurde). Zurück blieb das Mondauto, ein paar wissenschaftliche Gerätschaften sowie das Landemodul mit der Gedenkplakette.

Mit der Brennstoffmischung aus Methylhydrazin und Distickstofftetroxid setzte man auf maximale Betriebssicherheit. Diese Stoffe sind hoch giftig, krebserregend, aber vor allem selbstentzündlich. Langjährig bewährt und schon im Gemini-Programm erfolgreich verwendet, war das die sicherste Stoffauswahl, da kein externer Zündfunke erforderlich war. Es reichte, beide Stoffe in die Brennkammer zu bringen, den Rest besorgte die Natur.

 

 

Eine Nachbetrachtung

Seither ist kein Mensch auf den Mond zurück gekommen, stehen die sechs zurückgelassenen Landemodule, die drei Mondautos, die Laser-Reflektoren zur Abstandmessung Erde-Mond und natürlich der „Fallen Astronaut“ unberührt auf der staubigen Oberfläche. Unzählige Filmrollen voller exzellenter Fotografien sind erhalten, sie stehen inzwischen ausgezeichnet gescannt im Internet zur Verfügung, es gibt zahlreiche Artikel, Bücher, Fernsehbeiträge zu dem Thema, sogar ein Kinofilm wurde gedreht.

 

Trotzdem bleibt die Frage, welchen Nutzen das große Abenteuer des Apollo-Programms der Menschheit gebracht hat.

 

Die bemannte Raumfahrt leistete wichtige Beiträge zur Erforschung der Entstehung der Erde und des Weltalls. Sie lieferte uns die Erkenntnis, dass es möglich ist, unseren Planeten zu verlassen und zu überleben, natürlich unter aufwendiger technischer Hilfe.

 

Unser heutiges Leben würde nicht funktionieren ohne Technologien, die für die Raumfahrt angestoßen und entwickelt wurden. Kein Funktelefon, kein preiswertes Interkontinentalferngespräch, keine 100 Fernsehkanäle, keine Satellitennavigation; selbst die amerikanischen Farmer nutzen heute Satelliten und GPS-Daten, um zielgenau den Dünger und die Bewirtschaftung ihrer Äcker so planen und zu optimieren, übrigens mit großem Nutzen für die Natur, da der Düngereinsatz so deutlich reduziert wurde.

 

Was jedoch viel wichtiger ist: Die Menschheit hat einen Traum verwirklicht, hat die Grenze zum Unbekannten ein ganzes Stück zurück geschoben. Dieser Drang, neues zu erkunden, ist einer der Grundantriebe des menschlichen Wesens.

 

Es ist derzeit leider nicht absehbar, dass in nächster Zukunft der Mensch auf den Mond zurückkehren wird. Zu groß scheint der Aufwand, zu hoch die Kosten. Auch fehlen inzwischen wichtige Konstruktionsunterlagen zur Saturn V, denn solch ein mächtiges Fahrzeug ist notwendig, um die notwendige Nutzlast auf Fluchtgeschwindigkeit zu bringen. Niemand ist mehr bereit, eine Maschine mit 200 Millionen PS auf den Weg zu bringen, zu groß scheint uns heute der Aufwand. Auch sind wir heute versucht, sehr schnell die Frage der Umweltverträglichkeit zu stellen und dabei den Blick auf das Ganze aus den Augen zu verlieren.

 

Sicher, 2200 Tonnen Treibstoff, das ist nicht gerade wenig, vor allem, da dieser mit hohem Energieeinsatz erstmal produziert werden muss. Andererseits ist es doch nicht viel mehr als der Treibstoff, der in wenigen Augenblicken auf Deutschlands Straßen verbraucht wird.

 

Vielleicht sollten wir uns mal wieder diesen Luxus gönnen.

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